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Der 1,3 Millionen Kilometer-Mann

Wie Sitzen auf langen Strecken funktioniert ist für viele ein Rätsel. Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir einen Mann aus der Praxis eingeladen und interviewt. Er ist eine der Koryphäen in der deutschen Langstrecken-Szene. Rainer Klaus. Gewitzter Schwabe, schlauer Hund und unnachgiebig, wenn es um’s Kilometerfressen geht.

ANDREAS

Hallo Rainer, schön, dass Du hier bei uns bist. Als kurzen Abriss für unsere Leser gleich mal ein paar Deiner Heldentaten um den Jahrtausendwechsel:

  • 1996 24 Stunden Höhenmeter Weltrekord (15.500hm)
  • 2001 Fünfter beim Race Across America (RAAM)
  • 2004 XXAlps, Vaduz Monaco, 2272 km, 55.000hm, 4. Platz, 5 Tage

Bis jetzt hast Du zudem gut 1,3 Millionen Lebenskilometer auf dem Rad gesammelt und willst noch eine Million Meilen bis zum Rentenalter voll machen. Damit das was wird, spulst Du jedes Jahr rund 40.000 km ab was einige namhaften Firmen aus der Branche nutzen und Ihre Neuentwicklungen von Dir auf Herz und Nieren prüfen lassen – sofern sie auch mit Deinem Urteil klarkommen.

Aber jetzt zum Thema, Sitzen. Daher die erste Frage: Wie bist Du hergekommen und dabei gesessen?

Weltrekord
RAAM
XXAlps

RAINER

Hallo Andreas, danke für das Intro. Gekommen bin ich wie es sich gehört mit dem Rad und gesessen bin ich prima, gerade habe ich keine Sitzproblem.

ANDREAS

Das freut mich, aber es ist natürlich auch interessant zu hören, dass Du momentan keine Sitzprobleme hast, aber Du durchaus auch mal welche hattest. Was zeigt, dass selbst ein Profi wie Du bei dem Thema nicht immun bist. Drum gleich mal zum ultimativen Sitz-Härtetest, dem RAAM.

Es gibt eigentlich keinen RAAM-Fahrer der nicht dann und wann ganz übel leidet.

Rainer Klaus

RAINER

Sitzen beim RAAM ist immer eine sehr schwere Geschichte. Das liegt daran, dass man im Bereich von 8-12 Tagen jeden Tag zwischen 16 und 20 Stunden auf dem Rad verbringt. Dass das nicht so problemlos abgeht, liegt auf der Hand, zumal auf Teilen der Strecke, insbesondere in den Südstaaten sehr hohe Temperaturen herrschen. Das starke Schwitzen greift die Haut an und die große Müdigkeit macht zudem Probleme. Damit muss man umgehen. Ich habe damals versucht immer wieder verschiedene Sättel und Hosen zu nutzen, mit dem Ziel Kombinationen zu finden, die abwechselnd unterschiedliche Stellen im Sitzbereich belasten. Das klappte natürlich nur teilweise und es gibt eigentlich keinen RAAM-Fahrer der nicht dann und wann ganz übel leidet.

Ein weiteres Thema ist die Pflege der Sitzfläche. Es gibt die Möglichkeit zu „Schmieren“, da kann man unterschiedliche Salben nutzen. Bei empfindlicher Haut muss diese stabilisiert werden, wie bei Babys oder Pflegebedürftigen geht man mit Puder vor. Das hält die Haut trocken und stabiler.

Im RAAM müssen dann die Crews entscheiden, welche Mittel oder Möglichkeiten in diesem Karussell gerade passen.

ANDREAS

Das ist interessant, insbesondere, dass der Wechsel von Sattel und Hose eine Rolle spielen kann. Als Laie würde man glauben, dass Du für so ein Event genau Deinen Sattel und Hose hast, bei denen Du weißt, dass diese funktionieren.

Nehmen wir jetzt das RAAM mit seinen extremen Anforderungen und versucht daraus Schlüsse für sein tägliches Fahren zu ziehen – bei Dir sind das ja auch 40.000km im Jahr. Was siehst Du da so?

RAINER

Der Alltag ist natürlich ein wenig entspannter. Wer aber, wie ich, jeden Tag Rad fährt hat im Prinzip die gleichen Probleme. Irgendwann werden gewisse Stellen, aus den unterschiedlichsten Gründen, mal überbeansprucht. Zum Beispiel, weil man kleinen Pickelchen o.ä. aus dem „Weg gehen“ will, dadurch aber eine andere Stelle überbelastet und dort dann die Probleme anfangen. Darum ist es für mich gut, wenn ich immer eine gewisse Varianz bei Hosen und Sättel zur Verfügung habe. Das ist für mich relevant, da ich, wenn ich jeden Tag zwischen 3 und 5 Stunden fahre, keine Erholungszeit für meinen Sitzbereich habe. Hätte ich dann und wann immer mal wieder 2 Tage Pause wäre das kein Problem, aber die habe ich eben nicht.

Bei einem Normalfahrer kommt noch dazu, dass er nicht wie ein Profiradfahrer sehr viel Druck auf dem Pedal hat und damit kaum Gewicht auf dem Sattel bringt, was beim Profi wiederum weniger Reibstellen mit sich bringt. Dadurch, dass sich der Profi quasi aus dem Sattel stemmt, hat er es auch nicht so schwer bei der Kombination von Sattel und Hose und der ganzen Polsterung, ganz einfach, weil er kaum etwas braucht. Er muss also nicht die richtige Kombination der Polsterung finden, was bei der Vielzahl an Hosen und Sättel gar nicht so einfach ist. Wenn nämlich Hose und Sattel nicht genau zusammenpassen, gibt es Schaumberge, wie ich sie nennen, und die führen zu Reibung. Das ist ein Problem für den Normalfahrer, aber auch für mich, obwohl ich viel fahre und schon ein wenig kräftiger draufdrücken kann, aber halt nicht mehr die ganze Zeit, bin jetzt nicht mehr der Jüngste.

Und dann sitzt man halt drauf, auf diesem harten Ding mit den Sitzknochen. Und die tun dann halt irgendwann weh, speziell, wenn man jeden Tag ein paar Stunden draufsitzt. Ergo muss ich polstern. Dabei muss ich den Kompromiss suchen zwischen schmerzenden Sitzknochen und diesen „undefinierten Schaumkonstellationen“, die die Reibung verursachen. Das muss man über verschiedene Sättel und Hosen ausprobieren. Habe ich an einem Tag Probleme, gehe ich eher wieder auf ein härteres System und jeder weiß das, dass wenn der Hintern wehtut ist jede Welle, die man im Wiegetritt fahren kann ein Segen, weil es mir hilft das Gesäß zu entlasten.

Nur mit einem System zu fahren geht für mich als Vielfahrer nicht, das mag an 90 von 100 Tagen gut gehen, aber dann brauche ich wieder ein wenig was anderes.

 

ANDREAS

Sehr interessant, speziell der Aspekt, dass man im Fahrbetrieb bewusst versucht gewisse Stellen zu belasten, womit man andere entlastet. Und dann das ganze durchwechselt.

RAINER

Ja, das ist ganz richtig. Es macht zum Beispiel schon einen Unterschied, ob ich Unterlenker oder Oberlenker auf dem Rennrad fahre, da kippt das Becken schon ein wenig anders auf dem Sattel. Es kann schon eine Lösung sein mal 2km Ober- oder Unterlenker zu fahren, dann kann sich vieles beruhigen.

ANDREAS

Unsere Kunden sind ambitionierte Radfahrer und kommen in der Mehrheit auf 5.000-10.000 km pro Jahr. Viele davon haben 1-2 große Events im Jahr, bei denen dann die Belastung im Sitzbereich schon eine andere ist wie bei den normalen Trainingsausfahrten bis sagen wir mal 150 km. Hast du für diese Leute ein paar Tipps im Sinne von was man machen aber auch was man tunlichst sein lassen sollte, um bei diesen Events gut durchzukommen?

Das, was im Training am besten funktioniert hat, setze ich dann beim Jahreshöhepunkt konsequent um - keine Experimente

Rainer Klaus

RAINER

Auf jeden Fall schon mal keine Experimente beim Equipment. Soll heißen, dass das was im Training am besten bei 100km funktioniert, auch wenn es dabei vielleicht noch kleine Probleme gibt und nicht alles perfekt ist, wird auch bei 200km oder wie lange auch immer das Event ist am besten funktionieren. Nach dem Event hat man dann ja wieder ein wenig Ruhe und der Sitzbereich kann sich erholen.

Im Vorfeld empfehle ich neben dem Equipment auszuprobieren, ob z.B. Puder oder eine Sitzcreme besser funktionieren. Das, was im Training am besten funktioniert hat, setze ich dann beim Jahreshöhepunkt konsequent um. Das heißt aber auch, dass man im Training auch mal ohne Hilfen wie z.B. Sitzcreme fährt, das beugt der Gewöhnung vor und man kann auch noch einen psychologischen Effekt nutzen, in dem man für den Höhepunkt alle Register zieht. Damit kann man dann eventuelle Sitzbeschwerden auch besser aushalten.

ANDREAS

Das heißt neben der Physis muss auch der Kopf passen?

RAINER

Ganz klar. Wenn ich davon überzeugt bin, dass ich ein Problem bekomme, dann kriege ich das. Für mich gilt bei so einem Event: Ich bin gut vorbereitet, ich sitze gut, ich habe einen guten Sattel, eine gute Hose, dann klappt das schon. Dann bin ich stark genug und kann die kleinen Wehwehchen auch abfedern.

ANDREAS

Das ist doch ein schöner Abschluss für unser Interview. Vielen Dank dafür. Ich weiß, dass wir jetzt ewig weiter plaudern könnten, das sparen wir uns aber für ein andermal und ein oder mehrere neue Beiträge auf. Dir alles Gute und viel Glück bei der Jagd nach der millionsten Meile.

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