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Das ist ja die (Sattel-) Härte!

Harter Sattel, weicher Sattel, Hose mit dünnem, dicken oder gar keinem Polster und das ganze auch noch in Kombination? Gut nachvollziehbar, dass Du bei der Vielzahl der Möglichkeiten und kursierenden Meinungen einigermaßen verwirrt bist, wenn es für Dich darum geht ein neues Sitzsystem anzuschaffen. Doch das muss nicht sein. Wir dröseln das Thema Schritt für Schritt auf, so dass Du am Ende dieses Beitrags an Orientierung dazugewonnen hast.

WARUM DISKUTIEREN WIR DIE HÄRTE EIGENTLICH?

Weil unterschiedlich harte Sättel durchaus sinnvoll sein können, deswegen! Bevor wir aber mit der Türe ins Haus fallen, wollen wir noch ein wenig die Grundlagen zum Thema Sitzsysteme betrachten. In diesem Blogbeitrag fokussieren wir uns ausschließlich auf die Polsterkomponente im Sitzsystem. Das ist in diesem Beitrag primär die Polsterung die Du auf Deinem Sattel findest, in einer systemischen Betrachtung aber auch das Polster welches sich in Deiner Hose befindet (oder auch nicht).

Setzt Du Dich auf einen Fahrradsattel so ist Dein wesentlicher Kontaktpunkt die knöcherne Sitzstruktur im Becken die wir Sitzbein nennen. Da diese recht kleinflächig und nur bis zu gewissen Druckgrenzen belastbar ist, braucht es im Sitzsystem eine Polsterung. Die Hauptfunktion der Polsterung im Sitzsystem ist den Druck zu nivellieren um damit Spitzen zu vermeiden. Zur Vereinfachung der Diskussion belassen wir es heute auch dabei.

Besieht man sich nun das weite Polsterspektrum bei Sätteln im Markt fällt es zugegebenermaßen schwer zu glauben, dass es das alles braucht, wo doch nur ein paar Druckspitzen abgebaut werden müssen. Selbstverständlich braucht es das nicht alles, aber in einem freien Wettbewerb versucht eben jeder seine Ideen zu platzieren, seien sie noch so kühn.

Wir lassen uns indes nicht beirren und behalten klaren Kurs. Los geht’s mit den harten Sätteln.

HART HÄRTER AM HÄRTESTEN!

In unserer Definition weisen harte Sättel ein geringes Maß an sehr straffer Polsterung auf oder verzichten komplett auf jegliche Art von Polsterung. Auf den ersten Blick scheinen dies wahre Folterinstrumente zu sein, aber eine durchaus respektable Anhängerschaft schwört darauf.

Vorteile

  • Fahren sich sehr direkt – Ohne zwingend unkomfortabel zu sein ist man sehr unmittelbar mit seiner Maschine verbunden und spürt genau was passiert, zudem „wackelt“ beim Pedalieren nichts.
  • Die Systempolsterung lässt sich vergleichsweise leicht einstellen – Man hat nur eine Stellschraube an der man drehen muss. Die Polsterung in der Hose.
  • Sind leicht – Wer Gewicht sparen will, findet hier teils federleichte Modelle mit deutlich weniger als 100g.

 

Nachteile

  • Sind ohne adäquate Hosenpolsterung nicht fahrbar – Wem das Hosenpolster ein Gräuel ist wird hier nicht fündig. Ohne ein ausreichend dimensioniertes Polster (Dicke und Steifigkeit) ist dauerhaft komfortables Sitzen nicht möglich.
  • Funktionieren nicht in allen Gewichtsklassen – Oft sind federleichte Modelle schon vom Hersteller aus nur bis zu gewissen Grenzen freigegeben, aber auch die Polsterung die über die Hose eingebracht wird hat bei harten Sattelmodellen ihre Limits. Aus unserer Erfahrung wird es jenseits von 80kg Körpergewicht ziemlich schnell schwierig.
  • Sie Verlangen „Sitzfleisch“ – auch wenn wir eine Einschränkung beim Körpergewicht machen, so sehen wir ab und an Ausnahmen bei denen es dennoch funktioniert. Nämlich dann, wenn Probanden vergleichsweise auskömmlich „Sitzfleisch“ aufweisen. Mit „Sitzfleisch“ fassen wir das die knöcherne Sitzstruktur umgebende Gewebe zusammen. Und hier gibt es tatsächlich erhebliche Unterschiede – auch unabhängig vom Körpergewicht oder Geschlecht. Wir sehen in unseren Druckmessungen Personen die trotz aller Polstermaßnahmen sehr punktuellen, klar konturierten Druck an der Sitzschnittstelle haben und andere die auch mit minimaler Polsterung großflächige Druckzonen ausbilden. Im letzteren Fall ist wesentlich mehr umgebendes Gewebe vorhanden, dies funktioniert wie eine „eingebaute“ Polsterung, vergrößert die Fläche auf der die Kraft eingeleitet wird und nivelliert somit den Druck.

 

Für wen

Wir sehen harte Sättel vor allem bei sehr sportlichen Personen, die entweder leicht sind oder über ausgeprägtes „Sitzfleisch“ verfügen und dazu gewillt sind eine ausreichend gepolsterte Hose zu nutzen.

NUR FÜR SOFTIES?

Die Gruppe der weichen Sättel ist für uns dadurch von den harten Varianten abgegrenzt, dass sie über ausreichend „Eigenpolsterung“ verfügt um theoretisch auch mit Hosen ohne Sitzpolster gefahren werden zu können. Dabei ist das Spektrum an Polsterung extrem weit. Es reicht von vergleichsweise straff und minimalistisch anmutend bis hin zu überdimensioniert und „mofaartig“.

Vorteile

  • Lassen sich oft ohne Hosenpolsterung fahren – Auch wenn es im ersten Augenblick etwas abwegig erscheint (schließlich sind wir ja alle von der Hosenindustrie „polsterkonditioniert“) so ist es bei vielen Sätteln problemlos möglich auf Polsterung in der Hose zu verzichten und das ist immer von Vorteil.
  • Fährt man Hosen mit Polsterung ist das Polster (dessen Qualität) zweitrangig – Da es meist komplett ohne Polster geht, fällt es auch nicht ins Gewicht, wenn in die Hose ein Polster mit minderwertigem Schaumstoff eingebaut ist, oder das Polster schon jenseits seiner eigentlichen Benutzungsdauer liegt.
  • Für alle Gewichtsklassen und Fahrstile etwas dabei – Hier findet jeder etwas, sofern der Durchblick gelingt.

 

Nachteile

  • Unüberschaubar großes Spektrum – Macht die richtige Auswahl sehr schwierig
  • Zuviel/ nicht passende Polsterung im System kann Probleme machen – Genau wie zu wenig Polsterung, kann auch ein Übermaß an Polsterung zu Problemen führen. Zum einen kann es zu Knochenhautreizungen am Sitzbein kommen (sehr unangenehm) oder durch unkontrollierte Polstermaterialanhäufungen zu Störzonen aus denen sich erhöhte Reibung oder Druck entwickeln kann.
  • Richtiges Maß an Polsterung im System ist schwerer zu bestimmen – Sofern Du weiterhin in Deinem polsterkonditionierten Denken unterwegs bist wird es schwierig: Hosenhersteller A verspricht mit seinem neuen Polster Wunderdinge und Sattelhersteller B ebenfalls. Dass das systemisch betrachtet fast nicht sein kann, müsste Dir mittlerweile klar sein. Bei diesen zwei Stellschrauben nun das richtige Maß zu finden ist gar nicht so einfach, es sei denn Du lässt das Hosenpolster einfach weg oder wählst ein Minimalpolster.

 

Für wen

Aus unserer Sicht kann jeder mit einem gepolsterten Sattel glücklich werden. Das Angebotsspektrum ist so groß, dass für alle etwas dabei ist, nur finden muss man halt sein Modell.

UND JETZT KOMMT AUCH NOCH DAS HOSENPOLSTER DAZU

In der vorangegangenen Diskussion von harten und weichen Sätteln hatten wir das Thema Hosenpolsterung bereits angeschnitten. Da wir die Polsterung als Gesamtsystem sehen, gehört die Hosenpolsterung unbedingt in diese Betrachtung.

Festzuhalten ist, dass bei harten Sätteln Hosenpolsterung von entsprechender Güte notwendig ist um dauerhaft gut zu sitzen. Dem entgegengestellt ist, dass bei weichen Sätteln mitunter gar keine Polsterung notwendig ist oder sie von minderer Qualität bzw. durch häufige Benutzung bereits ermüdet sein kann. Um zur richtigen Hosenpolsterung zu kommen hilft diese Grundregel, den Feinschliff musst Du aber selbst erledigen.

Wir hegen ein ambivalentes Verhältnis zur Hosenpolsterung. Auf der einen Seite macht Sie manche durchaus interessanten Sättel (vor allem ultraleichte Vollkarbonkonstruktionen) fahrbar und bietet im Gesamtsystem überraschenden Komfort. Auf der anderen Seite ist sie für uns ein echter Fremdkörper im System, da sie sich z.B. nie genau so gut in der Hose fixieren lässt wie etwa Polsterung auf dem Sattel und zudem den Feuchtigkeitsaustausch im Sitzbereich erheblich einschränkt. Beides ist definitiv nicht sitzkomfortsteigernd.

UNSER FAZIT

Was nun? Offensichtlich kann alles irgendwie, mal ein wenig besser, mal ein wenig schlechter funktionieren. Uns ist das zu wenig, und Dir sicher auch, darum liest Du ja vermutlich diesen Beitrag.

Mit Blick auf die unzähligen Druckmessungen die wir bei uns im Sitzlabor gemacht haben kann man sagen, dass:

  • Ausreichend gepolsterte Sättel in Kombination mit wenig bis gar keiner Hosenpolsterung in Summe den besten Komfort ermöglichen – und das für nahezu jeden Fahrertyp und Einsatzgebiet
  • Wenn es extrem leicht und direkt sein soll, Sättel ohne Eigenpolsterung in Kombination mit sehr guten Hosenpolstern und nicht allzu schweren Probanden tolle Ergebnisse liefern können
  • Sehr weiche und voluminöse Sättel nichts auf halbwegs sportlich bewegten Rädern zu suchen haben

 

Zum Ende dieses Beitrags sei noch darauf hingewiesen, dass zu einem komfortablen Sattel mehr als die Polsterung gehört. Das haben wir bereits hier ausführlich diskutiert.

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